Eine Woche Urlaub, ganz so zwischendurch. Stellt sich die Frage, zu Hause bleiben und werkeln oder wegfahren? Natürlich gibt es zu Hause genug zu tun, aber mal ehrlich – in Diesen Zeiten weis niemand was morgen ist. Von daher, einfach raus. Und so haben mein Mann und ich beschlossener für Kurzurlaube Gebiete in Deutschland anzusteuern, die wir noch nicht kennen. Unsere erste Wahl fiel auf die Sonneninsel Usedom.
Als ich Kind war, verbrachten wir mit unseren Eltern die Sommerferien immer an der Ostsee, aber tatsächlich war ich noch nie auf Usedom. Da wir ohne Kinder unterwegs sein würden, beschlossen wir nicht mit der Familienkutsche, sondern mit dem Kastenwagen zu fahren. Die Fahrräder hinten rein und dann ging es am letzten Sonntag im April 2022 bei strahlendem Sonnenschein los.
Nach fünf Stunden Autofahrt bot sich uns noch vor der Wolgaster Brücke – dem blauen Wunder- eine bizarre Landschaft. Kurz hinter Pinnow ragen abgestorbene Bäume aus dem Peenestrom. Im Internet hab ich gelesen, dass es sich hierbei um Überflutungsgebiete bzw. Ausgleichsflächen handelt.

Die Brücke selbst fand ich eher unspektakulär, ist halt eine Brücke, die zum Ziel führt. Wir haben Sie jedoch auch nicht in ihrer „Klappfunktion“ erlebt.
Und wie es der Zufall will, wir kommen auf der Insel an und nichts mehr mit „Sonneninsel Usedom“. 6 Grad Celsius und Windgeschwindigkeiten um die 50 km/h. Ich war jetzt doch dankbar, dass ich mich für die dicke Winterjacke entschieden habe.
Das Hotel
An dem im voraus gebuchten Hotel Garni „Villa Strandrose“ angekommen, konnten wir wie in dem zuvor geführten Telefonat beschrieben, den Schlüssel schnell finden und schleppten die Koffer nach oben. Das Hotel „Villa Strandrose“ in Ahlbeck wurde 1907 im Stil der Bäderarchitektur erbaut.
Es ist zwar etwas mühsam die 61 Stufen vom Parkplatz bis zum Obergeschoss zu steigen, jedoch lohnt sich die Anstrengung. Wir kennen zwar nicht die anderen 14 Zimmer, aber die Nr. 24 können wir nur empfehlen. Das „Türmchenzimmer“ ist wirklich großzügig geschnitten und die drei Fenster im Turm reichen eindeutig aus, um genug Licht hinein zu lassen. Die kleine Sitzgruppe lädt zum Verweilen und Lesen ein. Außerdem hat man einen herrlichen Blick auf die Ostsee.
Das Zimmer verfügt über ausreichend Schränke und Ablagen, so dass nichts im Zimmer herumliegen muss. Einzig das Badezimmer ist sehr klein.
An der Rezeption die bis 14:30 Uhr besetzt ist, stehen Tee, Kaffee und Gebäck bereit, wo man sich als Gast bedienen kann. Gegen Bezahlung steht im unteren Flur ein Getränkekühlschrank mit alkoholfreien und alkoholischen Getränke. Die Entnahme läuft auf Vertrauensbasis und die Preise sind völlig in Ordnung.
Das im Preis inbegriffene Frühstück läßt kaum Wünsche offen. Das Personal ist sehr freundlich und hilfsbereit. Meist hört man sie leise in den Fluren oder Zimmern singen.
Unsere Fahrräder konnten wir in der abschließbaren Garage sicher unterstellen.


Die Koffer sind im Zimmer, auspacken kann ich später. Jacke, Mütze Handschuhe an und runter an den Strand. Die frische Ostseeluft lässt den Kopf frei werden. Am Strand schlendern wir bis zur Ahlbecker Seebrücke, wo wir gleich für den Abend einen Tisch reservierten. Zurück gingen wir die 600 Meter über die Strandpromenade Richtung Hotel.
Das Abendessen im Restaurant „Seebrücke“ war okay, aber nichts besonderes. Ich hatte mir eine etwas umfangreichere Fischkarte erhofft. Auf jeden Fall sitzt man, sofern man einen Fensterplatz erhaschen kann, recht gemütlich und kann der noch immer stürmischen See zuschauen. Mal sehen ob es morgen mit der Sonneninsel Usedom klappt.
Der 2. Tag auf Usedom
Für heute hatte ich eigentlich einen Inselrundflug geplant. Nachdem jedoch immer noch Windgeschwindigkeiten um die 30 km/h vorherrschen, hatte ich ein wenig Bedenken. Nach einem Telefonat mit dem Piloten, verschoben wir die Entscheidung auf die Mittagszeit. Bis dahin unternehmen wir eine Fahrradtour und halten uns in der Nähe zum Flugplatz auf.
Kurz entschlossen änderten wir unsere Pläne und fuhren schon heute die kurze Strecke nach Swinemünde. Eine ca. 12 Kilometer lange, autofreie Strandpromenade ist in Fuß- und Radweg unterteilt. Sie gilt als längste Strandpromenade Europas. Der Weg führt an herrlichen Prachtbauten, am Strand und an den Dünen vorbei. Der vom Winterschlaf erwachte Wald ist eine willkommene Abwechslung zu dem tristen Grau der letzten Wochen. Nach etwa drei Kilometern erreichen wir die polnische Grenze.
Eine Klammer aus Edelstahl auf Höhe des ehemaligen Kontrollstreifens symbolisiert das Zusammenwachsen beider Staaten.


Die Strandpromenade führt vorbei an prachtvollen Gründerzeit- und Jugendstil Villen, welche zum Teil aufwendig saniert wurden und werden. Wirklich schön ist der von Peter Joseph Lenne´ in der ersten Hälfte des 19. Jh. angelegte Kurpark. Uns stand nicht der Sinn nach Shopping und so fuhren wir mit unseren Rädern weiter entlang des Lyonel-Feininger-Straße-Feininger-Radwegs zur Mühlenbake.
Das Navigationszeichen in Form einer Windmühle gehalten, ist das Wahrzeichen der Stadt Swinemünde. Von der Mole aus hat man einen herrlichen Blick auf die einfahrenden Schiffe und man läßt sich den Seewind um die Nase wehen. Nehmt euch ein wenig Zeit, setzt euch einfach mal hin und laßt den Blick schweifen.


Um wieder ein Stück näher zum Flugplatz zu kommen folgten wir dem Feininger Radweg weiter in Richtung Garz. In der Nähe der Anlegestelle der Seebäder-Linie hielten wir noch einmal zu einer kleinen Rast in einem direkt am Wasser gelegenen Bistro an.

Hier erreichte mich dann auch der Anruf des Piloten, der mir mitteilte, dass der Flug auf Mittwoch verschoben werden muss. Nun gut, Pläne sind zum ändern da. Also die Fahrradkarte raus , schließlich ist ja erst Mittag. Ohne sich um Entfernungskilometer zu kümmern, sollte das neue Ziel für heute die Inselkäserei sein. Lauf Fahrradkarte kein Problem, dann also los.
Der Weg führte uns über Golm, Garz, vorbei am Flugplatz, Bossen, Dargen und Stolpe. Bis Stolpe war auch noch alles in Ordnung, jedoch folgten wir dann nicht mehr dem ausgewiesenen Radweg (das erschien uns als Umweg), sondern versuchten über in der Karte eingezeichnete Nebenwege unser Ziel zu erreichen.
Tipp: Ich kann euch sagen, lasst das. Die Feldwege sind so schlecht und mit Sand zugeweht, dass hier Radfahren fast unmöglich ist. Schon gar nicht, wenn man wie ich keine Elektrische Unterstützung hat. Auch endete einer der Wege direkt am Wasser. Weder rechts, noch links ging es weiter und wir mussten ein gutes Stück zurückfahren.
Eine etwa 500 Meter lange Ackergrenze nutzten wir dann, um die Käserei doch noch zu erreichen. Nach einer gefühlten Ewigkeit kommen wir also mit großem Hunger und Durst dort an und es kommt, wie es kommen muss. Vor der Käserei steht ein Reisebus, der gerade angekommen ist…
Also genießen wir die Sonneninsel Usedom und warten geduldig. Tatsächlich hätte ich nicht gedacht, dass diese Scheune (von außen betrachtet ist es wirklich nicht mehr) ein Ausflugsziel für Reisebusse ist.
„Ich hätte gern eine Käseplatte für 2 Personen, ein Glas Rotwein und ein Bier für meinen Mann.“ so meine Bestellung. „Käseplatte haben wir nicht.“ Kurz und knapp war die Antwort. Nicht unhöflich, aber direkt. „Gut, dann schneiden sie halt von jedem ein Stück ab und legen etwas Brot dazu.“ „Brot haben wir nicht.“
Der Käsemeister Steffen Schultze ist ein uriger Typ, auf seine Art recht wortkarg aber nicht unfreundlich. Mit seinem Vollbart und dem Filzhut könnte er auch gut in einem Almhof in den Alpen Zuhause sein.
Nichts desto trotz, der Käse und der Käsekuchen sind irre lecker. Insgesamt würde ich jedoch sagen, könnte das Imbissangebot ein wenig ausgebaut werden. Schließlich gibt es im Innenraum der gut hergerichteten Käsescheune genügend Sitzplätze.

Die Strecke bis hierhin war für uns ungeübte Radfahrer schon recht lang und so planten wir die Rückfahrt über den gut ausgebauten Radweg entlang der B 110/ B111 bis Mellenthin und weiter bis Nepperin. Aus Zeitgründen (es war jetzt schon fast 17:00 Uhr) ließen wir das Wasserschloss Mellenthin außer acht. In dem einst 1580 fertiggestellten Renaissancebau ist heute ein Schlosshotel und ein Restaurant untergebracht. Außerdem beherbergt das Schloss eine Brauerei und eine Kaffeerösterei. All Dies werden wir uns bei einem nächsten Besuch ansehen.
Von Nepperin aus folgten wir erneut dem Feininger Radweg Richtung Benz, wo wir an der Holländermühle noch eine kurze Rast einlegten. Die Holländerwindmühle auf dem Mühlenberg von Benz wurde 1863 erbaut und verrichtete mit Hilfe des Windes ihren Dienst. Später dann auch mit Strom, der das Mahlen unabhängig vom Wind machte. 1972 wurde der Betrieb geschlossen.
Wenn ihr wie wir, die Mühle an einem Montag besucht, habt ihr viel Ruhe und Platz. Auch ein ungestörter Blick in die Ferne ist euch gewiss. Sonntags und Montags ist nämlich Ruhetag. Jedoch kann man das Gelände ohne weiteres Betreten und es sich auf den Holzblöcken bequem machen.

Bevor wir zum Abendessen übergehen genießen wir die letzten Sonnenstrahlen am Strand von Heringsdorf. Vereinzelt haben schon einige Strandbars geöffnet und bieten leckere Getränke an. Gutbürgerliche, zum Teil polnische Küche zu fairen Preisen bietet das Schmiedehaus in der Delbrückstraße an. Gut gesättigt schwangen wir uns erneut auf die Räder, obwohl uns einige Körperstellen ihren Unmut signalisierten und fuhren die wenigen Kilometer zurück nach Ahlbeck.
Nach insgesamt 69,96 km und zusätzlich fast 9400 Schritten fielen wir wie tot ins Bett. Ob ich je wieder auf ein Fahrrad steige ist ungewiss.



Der 3. Tag auf Usedom
Nun gut, schließlich wollten wir ja Fahrrad fahren. Der Schlaf hat uns gut getan und so starten wir nach einem guten Frühstück zur nächsten, nicht ganz so langen Tour. Unser heutiges Ziel ist das Seebad Ückeritz am Achter-Wasser. Für ein wenig Kultur sollte das Museum der „Armee der Tonkrieger“ sorgen.
Für den Hinweg nutzen wir den Radweg entlang der Strandpromenade. Über Heringsdorf, Bansin und dann durch den Wald und über den etwa 4,5 km langen Zeltplatz von Ückeritz. Einst teilten sich ca. 18.000 Camper und Wohnwagen Besitzer den Naturcampingplatz am Strand. Im Zuge des Natur- und Umweltschutzes hat man dies auf 750 Stellplätze reduziert.
In Ückeritz angekommen irrten wir erst ein wenig durch den Ort, da wir keine Hinweisschilder zum Museum finden konnten. Vom kleinen Hafen aus fuhren wir zurück in Richtung B 111 und konnten auf einem Feld zwei große Zelte erkennen. Eine Hinweistafel an der Straße verwies auf „Europas größtes Museum Der Illusionen.“ Auf dem Wald- und Wiesenparkplatz standen nur zwei Fahrzeuge. Na mal sehen, was uns hier erwartet. Die freundliche Dame an der Kasse erklärte uns , dass die „Armee der Tonkrieger ausgezogen ist. Das Internet verrät uns, dass die Betreiber einen neuen Standort suchen.
Nun gut, dann eben Illusionen. Mit 11,50€ je Erwachsener nicht ganz billig, aber wenn wir schon einmal da sind, sehen wir es uns auch an.
Ich muss sagen, der Eintrittspreis hat sich wirklich gelohnt. Objekte zum Staunen, Anfassen und Mitmachen haben für viel Spaß gesorgt. Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall, die 1000qm Ausstellungsfläche bietet so einiges Unglaubliches.
Tipp: Nehmt Bargeld mit, weder der Eintritt, noch Souvenirs kann man mit Karte bezahlen.



Nach gut zwei Stunden Museumsbesuch treten wir langsam die Rückfahrt an. Noch eine 70 km Tour schaffe ich heute nicht. Für die Fahrt nutzen wir den Radweg entlang der B 111, biegen aber gleich hinter Ückeritz in Richtung Stagnieß ab. Hier am Naturhafen nutzen wir die Ruhe um ein Fischbrötchen und ein Bier zu genießen.

Gut gestärkt brechen wir wieder auf. Bei bestem Wetter (es sind jetzt immerhin 12 Grad) legen wir noch einen Stopp an der Strandpromenade Heringsdorf ein. Hier und heute zeigt sich die Sonneninsel Usedom von ihrer besten Seite. Bei Livemusik sitzen wir mit zahlreichen Besuchern windgeschützt hinter den Dünen und genießen die Sonnenstrahlen. Bei der Gelegenheit werfen wir noch einen Blick auf den größten Strandkorb der Welt. Der 2014 von der Heringsdorfer Strandkorb Manufaktur gebaute Strandkorb bietet bis zu 91 Personen Platz uns ist zum Wahrzeichen der Stadt geworden.
Viel interessanter und schöner fand ich aber den Rosengarten mit der Konzertmuschel westlich der Seebrücke. Diese ist mit ihren 508 Metern die längste Seebrücke Kontinentaleuropas. Kleine Läden in der überdachten Ladenpassage laden zum Stöbern ein.
Nach nur 33,6 km zurück in Ahlbeck ließen wir uns das Abendessen im italienischen Restaurant „Rialto“ schmecken. Selten habe ich in Deutschland eine so gute Pizza gegessen. Zusammen mit der großen Portion Carpaccio als Vorspeise, war ich mehr als satt. Auch mein Mann hatte große Not, seine Vorspeise und das Hauptgericht komplett zu vertilgen.
Der 4. Tag auf Usedom
Heute nun mein großer Tag. Gegen Mittag findet tatsächlich mein Inselrundflug statt. Vom Fahrradfahren erledigt nutzen wir den Vormittag um in Polen günstig zu Tanken.
Dann endlich ist es soweit. Am Flugplatz angekommen, befindet sich die kleine 4-sitzige Maschine gerade im Landeanflug. Der Pilot versucht noch meinen Mann zum Mitfliegen zu überreden, aber auch ihm gelingt es nicht. Vom Anbieter werden verschiedene Rundflüge angeboten. Von 16 Minuten für 185,-€ bis 100 Minuten für 755,-€ kann sich jeder seine Strecke aussuchen. Ich bin überzeugt, das Sonderwünsche berücksichtigt werden.

Herr Landau, oder auch Rolf, erwies sich als äußerst kompetenter Reiseleiter. Vom Start bis zur Landung erzählte er von dem, was sich gerade unter uns, rechts oder links in Sichtweite befand. Wenn man kein Tonband dabei hat, fällt es schwer alles zu behalten. Von kleinen Inseln, auf der ein Hotel mit 700 Betten gebaut werden sollte, was Gott sei Dank verhindert wurde, bis zur Geschichte der Stadt Peenemünde. Vom Leben auf der Insel mit seinen Vor- und Nachteilen, von Überalterung der Bevölkerung und der Überlastung der wenigen Straßen. All diese Sachen kamen in den 30 Minuten zur Sprache. Aber auch über das Sperrgebiet am nördlichsten Rand der Sonneninsel Usedom wußte Rolf einige Geschichten zu erzählen.
Kurz um, der Flug war sensationell und gab mir die Gelegenheit, die Insel aus einer anderen Perspektive zu betrachten.



Den Nachmittag verbrachten wir bei einem langen Spaziergang am Strand. Natürlich musste ich mir erst einmal einen Eimer für Muscheln und Strandgut und einkleines Fläschchen für den Sand kaufen. (Sand/ Kies oder Erde nehme ich von jedem Urlaubsort mit) Da noch keine Saison ist, sind nur wenige Menschen am Strand. Wir genossen die Ruhe und den weiten ungestörten Blick in die Ferne.





Ein letztes Abendessen, bevor es morgen ganz entspannt wieder in die Heimat geht, wollten wir in „Carlos Kneipe“ zu uns nehmen. Es klang gemütlich und ich wollte mal so richtig -fisch essen. Leider ist noch keine Saison und damit Mittwochs geschlossen. Geplagt von Hunger kehrten wir im Griechischen Restaurant ein, welches nicht weit weg lag. Das Essen dort war okay, griechisch halt so wie bei uns zu Hause auch.
Nun traten wir die Heimreise an, nicht ohne bei Karls Erdbeerhof anzuhalten. Schließlich hatten wir von Familie und Freunde noch eine Einkaufsliste abzuarbeiten. Und für mich sprang auch noch das ein oder andere Mitbringsel heraus.



Hinweis: Alle Angaben (Preise, Öffnungszeiten etc.) beziehen sich auf das Reisedatum April 2022
Quellen: Reiseführer BAEDEKER Usedom 1. Auflage 2021
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