Schottland auf eigene Faust

Juli 2000 Eine Rundreise durch Schottland

"Die Hochzeitsreise ist der erste Versuch, der Ehe-Realität zu entgehen."                (August Strindberg aus "Weisheiten und Torheiten über die Ehe" 2001)

Die Anreise

Unsere erste gemeinsame Reise als Ehepaar führte uns nach Schottland. Diese Reise sollte für uns beide etwas Besonderes und Einzigartiges werden.

Zumindest für uns, war das Recherchieren und Buchen im Internet im Jahr 2000 recht schwierig bis fast unmöglich. Datenleitungen und Angebote wie in der heutigen Zeit existierten einfach nicht bzw. fast nicht. Ich tat also das, was ich auch heute noch mache – ab in die Buchhandlung und Reiseführer kaufen. Anhand der Bilder und der Reisebeschreibung entwickelte ich eine Reiseroute für 5 Tage.

Kurz nach Mitternacht verabschiedeten wir uns von den Gästen und fuhren nach Hannover zum Flughafen. Gegen 05:30 Uhr starteten wir Richtung London. Der Plan war, die 90 Minuten Aufenthalt bis zum Weiterflug nach Inverness zum Geldumtausch zu nutzen. Schließlich wussten wir, dass wir den Mietwagen noch bezahlen müssen.

Ich sag euch, der Airport in London Heathrow ist riesig. Völlig planlos irrten wir über das Flughafengelände und suchten unser Abfluggate. Das war erst unsere 2. Flugreise. Mehr wie den Flughafen Halle/ Leipzig und Tunis kannten wir nicht. Das Flughäfen mehrere Terminals haben, war uns noch bekannt. Aber das die Terminals so weit auseinanderliegen, dass sie mit Zügen verbunden sind, überforderte uns dann doch. Unsere recht spärlichen Kenntnisse der englischen Sprache machte die Sache nicht einfacher. Irgendwann wird es hektisch und die Zeit rennt und rennt.

Tipp: Befasst euch mit der Größe und Aufteilung der Flughäfen. Jetzt da nahezu alles im Internet zu finden ist, sollte das kein Problem mehr darstellen. Gerade wenn ihr Zwischenstopps habt und umsteigen müsst. Schaut euch das im Netz vorher an und lest nach, wie lange ihr von A nach B braucht. Das spart auf jeden Fall Zeit und Nerven.

Schottisches Hochlandrind

Nach einigem Zögern stiegen wir dann doch in den Zug und waren tatsächlich 10 Minuten vor Abflug am richtigen Gate. In Inverness wurden wir von einem Mitarbeiter der Mietwagen-Firma schon erwartet. Bezahlen wollte ich mit meiner EC-Karte. Er jedoch bestand auf eine Kreditkarte. Er redete und redete und wir verstanden kein Wort. Nach einer längeren, recht einseitigen Diskussion hatte ich dann genug davon und hielt dem Mitarbeiter mein Portmonee mit dem gesamten Bargeld – allerdings D-Mark- unter die Nase. Heute wäre das undenkbar. Mittlerweile habe ich nur noch wenig Bargeld dabei.

Mit Gesten forderte er uns auf, ihm zu folgen. Er verfrachtete uns und unser Gepäck in den Kofferraum eines Wagens und fuhr mit uns zur Servicestation. Auch hier gab es noch einmal eine längere Rede, die wir auch bloß nicht verstanden. Irgendwann gab er mir einen Telefonhörer und siehe da, mein Gesprächspartner verstand und sprach Deutsch. Das Ende vom Lied, wie ließen unser Gepäck dort stehen und folgten dem netten Herrn zu Fuß. An der Wechselstube angekommen, tauschten wir das gesamte Bargeld. Jetzt hatten wir endlich Pfund, und zwar schottische Pfund, was auch nicht ganz unwichtig ist. Nachdem wir nun endlich das Auto bezahlt hatten wurde der Ton deutlich freundlicher. Mit kurzen, verständlichen Sätzen wurden wir nach unseren Reiseplänen befragt. Hier bekamen wir dann sogar noch Tipps und man gratulierte uns zur Hochzeit.

Nach diesem ersten Abenteuer hat es sich schon ausbezahlt, dass ich für die erste Nacht ein Hotel gebucht hatte. Dreißig Stunden ohne Schlaf, da war an Hochzeitsnacht nicht mehr zu denken. Wir fielen einfach nur noch um.

Tipp: Bevor ihr in ein fremdes Land reist, macht euch schlau, welche Währungen und Kreditkarten dort akzeptiert werden. Tauscht zumindest für die ersten Tage Geld, damit ihr vor Ort wenigstens etwas Bargeld habt. Auch technische Probleme können hin und wieder auftreten, so dass Kreditkarten nicht funktionieren. Auch das haben wir schon erlebt.

Von Inverness nach Ullapool

Inverness mit Blick über den Fluss

Inverness ist die Hauptstadt des schottischen Verwaltungsbezirk Highland. Der Fluss Ness mündet hier in Inverness in den Moral First. Bis hierhin sollen sich hin und wieder Delfine verirren – ein sehr hübsches Blumenarrangement am Ufer des Flusses verweist darauf. Die Umgebung von Inverness ist reich an Geschichte. Auf der Burg von Inverness regierte im 11. Jh. Macbeth. Sehenswert ist auch die St. Andrews Kathedrale, welche in den Jahren 1866 bis 1869 im neogotischen Stil erbaut wurde. Ein Spaziergang in den späten Nachmittagsstunden entlang des Flusses bis in die Innenstadt entschädigte uns für die Strapazen der Anreise.

Über die A 835 starteten wir am nächsten Morgen mit unserem Mietwagen in Richtung Ullapool. Da nur 60 Meilen (ca. 96km) zwischen den beiden Orten liegen, nutzen wir die Gelegenheit hier und da von der Hauptstraße abzuweichen und uns die großartige Landschaft anzusehen. Die zahlreichen kleinen Seen und Flüsse boten immer wieder einen zauberhaften Anblick. Immer wieder gibt es die braunen oder grünen Hinweisschilder, die auf eine Sehenswürdigkeit oder Attraktion in Schottland verweisen. Auch die View-Points verleiten immer wieder (zurecht) anzuhalten und zu schauen.

Bleibt man auf der A 835 erreicht man die „Falls of Measach“ nach ca. 46 Meilen. Der ca. 45m hohe Wasserfall liegt im Corrieshalloch Gorge National Natur Reserve, welches hervorragend für kurze Wanderungen geeignet ist. Von einer etwas unterhalb gelegenen Brücke, die sich schon im Jahr 2000 in einem bedenklichen Zustand befand, hat man einen freien Blick auf den Wasserfall. Das Betreten der Brücke hat mich viel Überwindung gekostet. Letztlich habe ich es für die Fotos dann doch gewagt.

Am frühen Nachmittag kamen wir in dem kleinen Küstenort Ullapool an. Nachdem wir uns einen ersten Überblick verschafft hatten, fuhren wir über sogenannte „Single Roads“ noch weiter in Richtung Atlantikküste. In dieser dünn besiedelten schottischen Landschaft herrscht so wenig Verkehr, dass mehr wie eine Fahrspur nicht nötig ist. Single Roads sollte man jedoch nur befahren, wenn man es nicht eilig hat. Da kann einem schon mal eine Herde Schafe mitten auf der Straße zu einem unfreiwilligen Stopp zwingen. Und Schafe haben wirklich Zeit. Gegen Abend waren wir zurück in Ullapool und mieteten uns für eine Nacht in einem B&B ein. Ein Spaziergang zum Hafen, welcher sowohl Fischerbooten als auch Yachten als Anlaufstelle dient, schloss den Tag für uns ab.

Monsterjagd und Hollywood in Schottland

Man muss ja nicht daran glauben, aber sehenswert ist es auf jeden Fall. Die heutige Etappe führt uns zum weltbekannten Loch Ness. Komplett auf Kommerz ausgelegt, wird die Geschichte rund um das Seeungeheuer „Nessi“ sehr hübsch verpackt. Eine Bootstour über den See ließen wir uns nicht entgehen. Hört man den Vorträgen zu (soweit man sie versteht), erfährt man einiges an Fakten zur Landschaft und zum See. So fanden wir es wirklich erstaunlich, dass der Süßwassersee bis zu 230 Meter tief ist und damit der wasserreichste See der britischen Inseln.

Direkt am Ufer des Sees liegt die romantische Ruine von Urquhart Castle. Über die A 82 gelangt man zu den Parkplätzen und zum Besucherzentrum. Ein Stopp und eine Besichtigung des Freiluftmuseums lohnen auf jeden Fall. Mit etwas Glück bekommt ihr, so wie wir, ein kostenloses Ständchen.

Weiter die A 82 entlang kamen wir nach Fort Augustus mit seiner fünfstufigen Schleuse am Kaledonischen Kanal am südlichen Ende von Loch Ness.

Einmal im „Burgenrausch“ – gehört natürlich die Eileen Donau Castle dazu. Die gut erhaltene Burg liegt auf einer Landzunge und ist nur über eine steinerne Fußgängerbrücke zu erreichen. Weltbekannt durch Filme wie „Braveheart“, James Bond – Die Welt ist nicht genug“ und natürlich der „Highlander“ zählt die Burg zu den meistfotografierten Motiven in Schottland. Das in der Burg befindliche Museum ist mit vielen Details ausgestattet und zeigt das Leben vergangener Zeiten.

Eilean Donan Castle

In den Abendstunden erreichten wir die kleine Ortschaft Invergarry, wo wir ein Nachtlager im B&B fanden.

Schottland im Laufe der Zeit

Auf dem Weg nach Oban, unserem heutigen Ziel, führte uns die A 82 zuerst zum „CommandoMemorial“. Dieses Denkmal wurde zu Ehren der britischen Commandos des 2. Weltkrieges errichtet und durch Queen Mother 1952 enthüllt.

Den Aufstieg auf den 21 m hohen Turm des Glenfinnan Monument wagte nur mein Mann. Die obere Aussichtsplattform ist nur durch eine sehr schmale Treppe zu erreichen. Die grandiose Aussicht über den Loch Shiel und die umliegenden Berge belohnen jedoch die Mühe. Auch der See diente in Filmen wie „Harry Potter“ und „Highlander“ als Kulisse. Das Monument wurde 1815 erbaut und markiert die Stelle, an der 1745 die Standarte von Prinz Charles Edward Stuart zu Beginn der 2. Jakobiter-Revolte gehisst wurde.

Ohne tatsächlich Ahnung zu haben, wollten wir in Schottland natürlich auch eine Whisky Brennerei besuchen. Wir entschieden uns für die Ben Nevis Destillery in der Nähe von Fort William. Für uns gehörte es einfach zu einer Schottlandreise dazu. Auch wenn wir von der Führung nicht viel verstanden haben, erklärte sich vieles von selbst. Die Verkostung des edlen Tropfens war für uns daher der Höhepunkt. Die Ben Nevis Destillery wurde 1825 durch Long John MacDonald gegründet.

Kurz vor unserem heutigen Tagesziel sahen wir uns noch die Ruinen von Dunstaffnage Castle an. Tatsächlich verspricht der äußere Anblick mehr, als im Inneren zu sehen ist. Die Anlage soll aus dem Jahr 1220 stammen. Einige gut erhaltene Steinmetzarbeiten kann man zwar noch betrachten, ansonsten ist es jedoch eine RUINE.

Das Hafenstädten Oban entwickelte sich im Laufe der Jahre vom kleinen Fischerdorf zum Zentrum der Westküste und zum Hauptfährhafen für die Inneren und Äußeren Hebriden. Bei unserem abendlichen Spaziergang entdeckten wir oberhalb der Stadt den McCaig´s Tower. Zu einem Aufstieg konnten wir uns jedoch nicht mehr durchringen. Laut Reiseführer handelt es sich hierbei um den nicht fertig gestellten Nachbau des Kolosses in Rom. Auch in Oban war es kein Problem eine Unterkunft bei B&B zu finden.

Von West nach Ost

Die Westküste Schottlands hat mit Sicherheit noch einiges mehr zu bieten, trotzdem entschlossen wir uns heute in Richtung Edinburgh aufzubrechen, um mehr Zeit für die Stadt zu haben. Weit sind wir nach dem Frühstück nicht gekommen. Schon bei der Ortschaft Killin an der A 85 war ein Stopp Pflicht. Fallendes Wasser zieht mich magisch an und so hielten wir bei den „Falls of Dochhart“. Das über die Felsen herabstürzende Wasser von der Bridge of Dochart aus gesehen, bietet einen überragenden Anblick. Ich denke, nach einem Regenschauer sieht es noch spektakulärer aus.

Wunderschön angelegt sind auch die Terrassengärten der Drummond Castle. Die Gärten stammen aus den 1630er Jahren und wurden im 19. Jh. neu strukturiert. Hier kann man die herrliche Blumenpracht in aller Ruhe genießen oder sich zwischen den Bäumen einfach mal ausruhen. Der Blick von der Burgterrasse auf die klaren Linien des Gartens und die dahinterliegende Weite der Landschaft ist atemraubend.

"In seiner dramatischen Lage auf einem hohen Vulkanfelsen im Herzen des schottischen Königreiches beherrscht es aus allen Himmelsrichtungen weithin die Landschaft. Stirling Castle zählt zu den wenigen Gebäuden, die für Schotten und Nichtschotten gleichermaßen den Geist Schottlands verkörpern."(Offizielle Souvenir-Broschüre 1999)
Dem kann und möchte ich nichts hinzufügen. Stirling Castle ist eine der schönsten Burgen, die ich je gesehen habe. Wer Schottland besucht, muss dorthin. 

Erst in den Abendstunden erreichten wir Edinburgh. Schon bei der Anfahrt stellten wir fest, dass immer weniger B&B angeboten wurde und vieles ausgebucht war. Dank freundlicher Hilfe einer bereits ausgebuchten Unterkunft, mussten wir die Nacht nicht im Auto verbringen. Ob es Helen und Robert Clephane heute noch gibt, weis ich nicht. Mit ihrer Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft haben sie die kurze Reise für uns glücklich enden lassen. Meinen Brautstrauß, den ich die ganze Woche durch Schottland chauffiert habe, lies ich als Dankeschön bei den Beiden zurück.

Tipp: Je weiter man nach Süden kommt, umso weniger wird B&B angeboten. Gerade in der Nähe großer Städte ist das Angebot nicht mehr so umfangreich. Ansonsten ist es eine wirklich schöne Art der Übernachtung. Meist haben die Vermieter nur wenige Zimmer und man kommt schnell ins Gespräch. Hier kann man sich dann doch vielleicht den einen oder anderen „Geheimtipp“ abholen.

Nach dem so typischen, schottischen Frühstück bei Helen und Robert genossen wir den letzten Tag unserer Hochzeitsreise in Edinburgh. Natürlich ist ein Tag viel zu wenig für die Hauptstadt von Schottland. Wir entschieden uns den Palace of Holyroodhouse – offizielle Residenz der britischen Monarchie in Schottland anzusehen. Mindestens einmal im Jahr hält sich Königin Elisabeth II. in Holyrood Palace auf. Nur wenn die königliche Familie nicht im Schloss verweilt, haben Besucher die Möglichkeit einen Teil der Innenräume zu besichtigen.

Die Burg von Edinburgh ist zu einem Symbol Schottlands geworden. Die mächtige Burg thront auf einem Vulkanfelsen über der historischen Altstadt. Im Kronjuwelen-Zimmer kann man die schottischen Krönungsinsignien (Kronjuwelen) betrachten. Sie zählen zu den ältesten überlebenden Krönungsinsignien des Christentums. Lohnend ist auch ein Rundgang entlang der Außenmauern der Burg. Täglich 13:00 Uhr wird auf der Mills Mount-Batterie die One o´clock Gun abgefeuert.

Mit dem Besuch von Edinburgh Castle beendeten wir unsere historische Reise durch Schottland. Mit ein klein wenig Verpflegung ließen wir uns im West Princess Street Garden nieder und beobachteten ein wenig wehmütig sehr lange das bunte Treiben. Gibt es doch noch so viel zu sehen. Leider müssen wir morgen sehr zeitig aufstehen, damit wir den Rückflug nicht verpassen. Schließlich wartet unser 5 jähriger Sohn schon sehnsüchtig auf uns.

Dies ist mein erster veröffentlichter Reisebericht. Ich wollte unbedingt mit dieser Reise beginnen, da es eine der schönsten Reisen war, die wir gemacht haben. Außerdem war es die erste Reise, die nicht vollständig von einem Reisebüro geplant wurde. Ich bitte die Bildqualität zu entschuldigen, aber meine Kamera, welche ich für diese Reise nutzte, gab nicht mehr her. Die Fotos habe ich noch vom Labor entwickeln lassen müssen und für diesen Bericht aus dem Fotoalbum abfotografiert. Ich verspreche, es wird besser.

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